Anmerkungen zum Vorwort des aktuellen Zuchtbuches des DDC (Band 111)

Drucken

Ein großer Teil des Vorworts des aktuellen Zuchtbuches (Band 111) des DDC, geschrieben von dessen Präsidenten Detlef Gügel, ist gesundheitlichen Aspekten der Doggenzucht im Verband gewidmet. Sowohl die Gewichtung der angeschnittenen Gesundheitsprobleme als auch die angebotenen Erklärungsansätze zu deren Ursachen geben Anlass dazu, sich kritisch mit der dargelegten Sichtweise auseinanderzusetzen.

 

Der Trend zu immer schwereren Köpfen stört nicht nur die Gesamtharmonie. Er hat auch die Augen unserer Hunde negativ beeinflusst.

Auffällig ist zunächst die Tatsache, dass Detlef Gügel in diesem Text die Zuchttendenz zu molossoiden Doggen im allgemeinen und zu schweren Köpfen im besonderen als zentrale, gar einzige Ursache für sämtliche bei der Dogge auftretende Gesundheitsprobleme in den Mittelpunkt stellt. Bei deren Darstellung geht der Autor ausführlich auf pathologische Auffälligkeiten der äußeren Erscheinung ein, indem er sie einzeln aufführt und deren kausalen Zusammenhang mit dem „Trend zu immer schwereren Köpfen“ genauer darlegt: Das vom Oberlid bedeckte Auge, das Ektropium oder auch die Rollippe durch übertriebene Lefzen.

Da man bei übergroßen Hunden davon ausgehen muss, dass das Skelett durch das damit verbundene Gewicht einer extremen Belastung ausgesetzt wird, muss auch hier ein Umdenken einsetzen.

In Anbetracht der zahlreichen Skeletterkrankungen der Deutschen Doggen mit erblicher Komponente – es seien hier nur in erster Linie die Osteosarkome erwähnt – ist eine solche Simplifizierung der Situation völlig unangemessen.

Nicht zu vergessen sind die inneren Organe, die diese schweren Hunde am Leben erhalten müssen. Die umso mehr beansprucht werden, je schwerer unsere Dogge ist.

Dies ist wohl die gröbste und skandalös absurde Vereinfachung der kausalen Zusammenhänge. Was mit dieser in dieser Form schlicht unsinnigen Behauptung gemeint ist und ob sich dahinter schamvoll hochprävalente und lebensbedrohliche Pathologien wie DCM und Magendrehung verbergen, das bleibt offen, denn jedwede Präzision zu dem angeblich gewichtsbedingten Organversagen bleibt der Autor schuldig. Die Erblichkeit der DCM, jener Erkrankung, die für das bei weitem häufigste tödliche Organversagen der Deutschen Dogge verantwortlich ist, steht ebenso außer Zweifel, wie die Tatsache, dass solche Pathologien durchaus auch andere Hunde eines leichteren Typs wie den Dobermann treffen, also die Größe hier allenfalls eine stark untergeordnete Rolle spielt.

Wir sollten und können es uns nicht mehr leisten Deutsche Doggen zu züchten, die aufgrund von gesundheitlichen Problemen im Focus des Gesetzgebers stehen.…
Dies dokumentieren wir auch mit unserer bei der FCI beantragten Standardänderung. Denn hier wurde uns auferlegt, aus gesundheitlichen Gründen neben der Mindestgröße auch ein Höchstmaß anzugeben, das nicht überschritten werden sollte. Die Zucht im DDC wird dies ganz sicher nicht negativ beeinflussen, da kaum einer unserer Zuchthunde deswegen aus der Zucht genommen werden muss. In anderen Ländern kann dies aber sehr wohl bedeutsam sein.

Dieser Absatz beinhaltet eine bemerkenswerte Quadratur des Kreises: Hier führt Detlef Gügel aus, dass der DDC ein gesundheitlichen Probleme der Deutschen Dogge insbesondere durch eine Standardänderung in den Griff bekommen möchte, die so gut wie keinen der Zuchthunde des DDC betrifft. Der Nachsatz mit Hinweis auf den möglicherweise stärkeren Einfluss diese Maßnahme auf die Zuchthunde des Auslandes scheint gar andeuten, dass die Gesundheitsprobleme der Deutschen Doggen in erster Linie ein importiertes Problem sind. Das klingt nicht nach selbstkritischer Analyse der eigenen Versäumnisse.
Zwei zentrale Kritikpunkte bilden sich bei der Lektüre des Vorwortes heraus:

Weitreichende zuchtpolitische Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz bezüglich der Gesundheit der Zuchttiere sind und bleiben notwendig, um hier echte Fortschritte zu erzielen. Erst wenn dies gewährleistet ist, „muss und wird“ dem DDC „jeder Doggenfreund…dafür dankbar sein.“ Angesichts der Grundtendenz des hier diskutierten Vorwortes ist dieser Anspruch jedoch mit Sicherheit zu  früh erhoben.