Anfrage an Jan-Gerd Kresken bezüglich seines Artikels in der uDD

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An: Dr. Jan-Gerd Kresken
Kopie an: Dr. Dagmar Heydeck, Dr. Helga Eichelberg, Detlef Gügel


Sehr geehrter Dr. Kresken, lieber Kollege,

in der kürzlich erschienenen uDD ist ein Artikel publiziert, der die Herzerkrankungen der Deutschen Dogge thematisiert. Dies ist zunächst erfreulich...auch Ihnen sind ja die Schwierigkeiten, insbesondere der Zuchtleitung des DDC, bekannt, Pathologien wie die DCM als rassenspezifisch bedeutsame Probleme zu akzeptieren.


Im Hinblick auf die Bedeutung der Thematik ist es unabdingbar, dass Sachverhalte, Zahlen und Zielsetzungen auch dem weniger sachkundigen Leser objektiv und verständlich vermittelt werden. Aus diesem Grunde möchte ich in einigen Punkten um ergänzende Erklärungen bitten:

Es stellt sich zunächst die Frage nach der exakten Zielsetzung der gewünschten Anonymität, die für die erste Phase des Phasenprogrammes nicht vorgeschrieben ist: Hierfür wird mit der durchaus aussagekräftigen Parabel des U-Boots (möglichst nichts an die Oberfläche dringen lassen...) geworben, die auch “kritische Stimmen” zu überzeugen vermag. Es handelt sich hier wohl - um Ross und Reiter zumindest im Vorfeld einmalig zu nennen - um eine Maßnahme, die der Mehrheitsbeschaffung auch bei uneinsichtigen Züchtern im Rahmen der Abstimmung zur Einführung der Schallpflicht auf der kommenden HV im Oktober dienen soll. Die Motivation ist nachvollziehbar...die Frage, die sich aufdrängt ist allerdings, ob die vorgeschlagene Methodik eine Grundlage zum Erhalt zuverlässiger Zahlen zur Prävalenz bildet, wenn bei den Züchtern Uneinsichtigkeit in dem Maße zu erwarten ist, dass Anonymität unabdingbar ist? Wie hoch ist in dem Fall das Risiko, dass zum „Linienschutz“ vor dem offiziellen CC-Schall vorgeschallt und bei positivem Befund der Hund gar nicht mehr beim CC’ler vorgestellt wird ? Was werden die Zahlen wert sein, die mit einem Programm erhalten werden, bei dem Hunde nach Beenden ihrer Zuchtkarriere aus dem Untersuchungsraster fallen, weil nur für die Dauer des Zuchteinsatzes geschallt wird ? Die vermehrte Verwendung sehr junger und die Unterrepräsentation älterer Rüden in der Doggenzucht ist schließlich ein im Vorfeld bereits bestehender Fakt .

Des weiteren wird zu Recht die mangelnde Repräsentativität der Zahlen der Doggenstudie Duisburg deutlich hervorgehoben. Was allerdings erstaunt ist, dass der Artikel die extreme Überrepräsentation der DCM im Vergleich zu allen anderen Herzerkrankungen zusammengenommen (immerhin 5:1) unerwähnt lässt, als hätte sie keine Aussagekraft im Hinblick auf die Notwendigkeit züchterischer Maßnahmen.
Außerdem wird andererseits mehrfach auf die Prävalenz für DCM des Dobermans in Europa von 58,2% hingewiesen, obwohl die Tiere der dieser Zahl zugrundeliegenden Studie ebensowenig repräsentativ für die Population sind wie diejenigen der Doggenstudie Duisburg , da die Rekrutierung der Probanden bei beiden Studien auf einem ähnlichen Prinzip beruhte, das nicht alle Hundebesitzer und insbesondere Züchter in gleichem Masse mobilisiert. Der Autor der Studie, G Wess, verweist auch auf die Tatsache, dass die von ihm nachgewiesene Prävalenz mit den Zahlen aus den USA bemerkenswert übereinstimmt.

Die im Gegensatz dazu von Ihnen beschriebene angeblich geringe Belastung der deutschen Boxerpopulation mit der Boxercardiomyopathie (ARVC) im Vergleich zur Amerikanischen Population, ist wohl die auffälligste aufklärungsbedürftige Aussage. Sie wird mit 1% angegeben und fußt auf der Datenbank des CC, deren Quellen nicht näher definiert werden. Hierzu ergeben sich die folgenden offenen Fragen:

- Wie stellt sich die Altersstruktur der untersuchten Boxer dar? Laut Zuchtordnung der Boxerclubs BK eV und IBC eV. scheint nur ein einmaliger Schall vorgeschrieben zu sein, eine Vorgehensweise, die Sie im weiteren Verlauf des Artikels völlig zu recht als absolut unzureichend zurückweisen.

- Gibt es Zahlenmaterial zum plötzlichen Herztod beim Boxer ohne echocardiographische Befunde? Die ARVC ist bekanntlich erst im späteren Stadium durch eine Dilatation gekennzeichnet, während das subklinische Stadium in der Regel im Schall nicht nachweisbar ist, da hier nur Arrhythmien vorliegen, die zum plötzlichen Herztod führen können. Wess et al. konnten in der oben zitierten Studie bei 37% der untersuchten Dobermänner lediglich Veränderungen im 24h-EKG nachweisen...das ist aber beim Boxer nicht vorgeschrieben.

- Das Unverständlichste ist sicherlich das Ignorieren des 9. Platzes des Boxers -zwei Plätze hinter dem Dobermann- unter den 12 als am stärksten Herztod-risikobehaftet eingeordneten Rassen in der in anderem Zusammenhang von Ihnen zitieren Studie von Egenvall et al., die auf den Daten der krankenversicherten Hunde in Schweden fußt....Wie ist dies zu erklären ?

Es gibt Doggenliebhaber, die befürchten, dass die Interessen der Dogge zerrieben werden zwischen dem Forschungsdrang des CC und dem Wunsch des DDC, die Gesundheitsprobleme der Rasse nicht allzu öffentlich zu machen. Ein Teil von ihnen hat durch ihre Forderung nach Transparenz im Zuchtgeschehen , jahrelange Teilnahme mit den eigenen Doggen sowie Mobilisierung anderer Doggenbesitzer die Doggenstudie Duisburg erst möglich gemacht. Diese Menschen verdienen Antworten auf die gestellten Fragen.


Mit kollegialen Grüßen,

Dr. Cornélius Sachdé
Praktischer Tierarzt