Die Änderung des Standards...und ein paar Anmerkungen

Von der FCI wurde der neue Rassestandard für die Deutsche Dogge anerkannt und ist mit seiner Veröffentlichung seit 20.12.2012 gültig. Hier eine kurze Interpretation einiger wichtiger Veränderungen.

Nun ist es also soweit…der Grautiger wird im neuen Standard anerkannt. - Anerkannt?

Die Unvermeidlichkeit seiner Existenz widerwillig hingenommen trifft es wohl eher. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Ausdruck der Anerkennung sicher wenig angemessen, wenn ausdrücklich betont wird, dass die betreffende Farbe nicht erwünscht ist, nur eben nicht mehr disqualifiziert wird. Von der ursprünglichen Absicht, die Farbe des Grautigers als (nicht mehr ausschließend) fehlerhaften Gefleckten zu bezeichnen, wurde abgesehen, was zunächst begrüßenswert ist, denn das wäre nicht sinnvoller als eine blaue Dogge als fehlerhaften Schwarzen zu bewerten: Der Genotyp ist eben nicht der gleiche. Es bleibt die Frage offen, warum es sich der DDC trotzdem nicht hat nehmen lassen, den Grautiger als Hund zweiter Klasse abzuqualifizieren und als unerwünscht zu brandmarken. Es bleibt weiterhin abzuwarten, ob die eindeutige Bekenntnis "Grautiger kommen vor" die Zuchtpolitik solcher Zuchtstätten beeinflusst, in denen dies bislang nicht der Fall war.
Die Änderung ist ohne Frage von Bedeutung: Ob der DDC den Grautiger als unerwünscht erklärt oder nicht, wird für den verantwortungsvoll gesundheitsorientiert planenden Züchter zu recht sekundär sein, wenn der Hund zur Zucht zugelassen werden kann und die wirklich wichtigen Kriterien für einen sinnvollen Zuchteinsatz erfüllt.

Nachbemerkung am 28.12.2012: Es ist wirklich zu bedauern, dass Detlef Gügel in seinem Kommentar zur Standardänderung den Grautiger wiederholt fälschlich als „fehlerhaften“ Gefleckten bezeichnet. Statt der (verschämten ?) Anführungszeichen wäre wohl eher ein Erklärung angebracht gewesen, wieso diese Beschreibung eben nicht zutrifft (Stichwort Harlekin-Gen…). Auch eine Begründung, warum dem Grautiger das Etikett „unerwünscht“ angeheftet wird, das aufgrund seiner genetischen Unterschiedlichkeit zum Gefleckten und seinem obligaten Auftreten bei der mendelschen Aufspaltung wie gesagt jeglicher Grundlage entbehrt,  bleibt der Präsident schuldig. Die detailgetreue Darstellung des babylonischen Sprach- und sonstigen Gewirrs bei der Schwergeburt des neuen Standards waren ihm offensichtlich wichtiger…schade!

   Grautigerwelpe

Eine weitere Änderung betrifft die Größe…eine Oberbegrenzung als „Kann-Bestimmung“. Der Einfluss dieser Änderung auf die Zuchtentscheidungen wird wohl eher gering bleiben…was im Grunde auch nicht wirklich tragisch ist: Traditionell werden die typischen Erkrankungen der Dogge zwar gerne als schicksalhafte Nebenwirkungen des Riesenwuchs dargestellt, allerdings handelt  es sich bei solchen Behauptungen um Un-bzw. Halbwahrheiten. So bietet sich die sanfte „Bekämpfung“ eines übertriebenen Riesenwuchs durch eine unkonkrete Empfehlung im Standard als vorgeblich wichtige Maßnahme für eine gesundheitsorientierte Zuchtpolitik an (siehe auch Anmerkungen zum Vorwort des aktuellen Zuchtbuches des DDC). Eine echte Wirksamkeit ist hier jedoch in keiner Weise zu erwarten, zumal die angegebenen "Höchstwerte" bereits jetzt nur sehr selten überschritten werden.

Auch die Wertung von "Augenfehlern" hat sich verändert: Die "losen Lider" wurden in den Bereich der "schweren Fehler" hochgestuft, während Ektropium und Entropium nunmehr in die Rubrik der "disqualifizierenden Fehler" fallen. Die Differenzierung zwischen "losen Lidern" und Ektropium bleibt aber weiter unklar, da hierfür keinerlei wissenschaftliche Basis vorhanden ist. Doggen mit "losen Lidern" dürften jedoch zukünftig keine Höchstbewertungen auf Ausstellungen mehr erreichen. Auf die Vorgehensweise bei der Zuchtzulassung kann man gespannt sein: Eine Standardvorgabe ist nur dann von ausschlaggebender Bedeutung, wenn sie in der Praxis auch angewandt wird.


Nachtrag  - Was zum Beispiel nicht (!) geändert wurde im neuen Standard...

Man mag bedauern, dass es versäumt wurde, im Rahmen der Änderung des Standards die absurde Bezeichnung des "Albinos" für weiße Doggen zu entfernen. Im Lichte des aktuellen Standes der Wissenschaft ist bekanntlich auch die Bezeichnung der „weißen Dogge“ (mit der berühmt-berüchtigten Präzision im „Richterleitfaden“, dass Doggen mit 5 Flecken – davon einer am Kopf – nicht mehr als weiß sondern als gefleckt gelten) obsolet geworden. Zeitgemäß wäre hier zweifelsohne, den Standard den (genetischen) Realitäten anzupassen und den Doppelmerle beim Namen zu nennen, beispielsweise als „überwiegend weiße Doggen mit vereinzelten schwarzen oder grauschwarzen Flecken.“  Als Ergänzung vorstellbar und sinnvoll wäre statt des sinnfreien Zählens von schwarzen Flecken die Forderung eines Merle-Tests für als Gefleckt eingetragene Doggen, die nach der Verpaarung zweier Merle-Träger gefallen sind.

Übrigens: Zum "Vergleichslesen" finden Sie auch den bisherigen Rassestandard vorerst weiter auf Doggen.info.