Die Schilddrüse - kleines Organ mit großer Wirkung - Hypothyreose

Hypothyreose

Eine Unterfunktion ist beim Hund die weitaus häufigste Schilddrüsenerkrankung. In rund 95% der Fälle ist die Ursache in einer Zerstörung des Schilddrüsengewebes zu suchen. Diese kann entweder durch Autoimmunprozesse hervorgerufen werden oder sie entsteht durch die Zerstörung der Zellen der Schilddrüse ohne bekannte Ursache. In seltenen Fällen entsteht eine Schilddrüsenunterfunktion auch durch Tumore oder andere Störungen, die zu einer verminderten Freisetzung von TSH oder TRH führen. In diesem Fall ist nicht die Schilddrüse selbst sondern sind die oben beschriebenen steuernden Organe betroffen.

Betroffen sind häufig Hunde großer und mittlerer Rassen, für einige Hunderassen wird auch eine besondere Disposition angenommen, neben Retriever, Dobermann, Irish Setter, Bobtail und einigen anderen wird mitunter auch die Deutsche Dogge hier erwähnt. Da zusätzlich familiäre Häufungen beschrieben werden, ist auch von einer genetischen Veranlagung auszugehen.
Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, besonders oft beginnt sie jedoch im mittleren Alter.

Aufgrund des umfangreichen Wirkungsspektrums der Schilddrüsenhormone zeigt sich eine Unterfunktion auch durch verschiedene, oft unspezifische Symptome, deren Ausprägung von Hund zu Hund sehr unterschiedlich sein kann. Im voll entwickelten Krankheitsstadium sind besonders folgende typische Krankheitszeichen zu erwarten:

  • Veränderungen an Haut und Haarkleid (stumpfes Fell, Schuppenbildung, Haarverluste bis zur Alopezie, Hautverdickungen und -entzündungen etc.)
  • Schwäche und Teilnahmslosigkeit
  • Gewichtszunahme ohne erhöhte Nahrungsaufnahme
  • Kälteintoleranz
  • Zyklusstörungen bei der Hündin, Unfruchtbarkeit beim Rüden
  • Neurologische Symptome (z.B. Störungen des Gleichgewichtsorgans, Krämpfe)
  • verlangsamter Herzschlag (Bradykardie)
  • Blutarmut (Anämie, meist schwach bis mittelstark ausgeprägt).

Die Diagnostik einer Hypothyreose sollte eigentlich einfach sein, da man gute Methoden zur Messung der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut hat. Tatsächlich ist es aber in vielen Fällen eher schwierig, die Diagnose sicher und schnell zu stellen. Dafür gibt es verschiedene Ursachen, die im folgenden anhand der verschiedenen Laborbefunde kurz erklärt werden:

 

T4
(Gesamt-T4)

Die Messung des T4 im Blut ist eine Basisparameter der Schilddrüsendiagnostik. Dieser Wert gibt Auskunft über die "Produktionsrate" von Schilddrüsenhormonen, da T4 ausschließlich in der Schilddrüse gebildet wird (siehe Schema Regulation). Bei einer Hypothyreose sind also die T4-Werte in der Regel unterhalb des Normalbereiches. Allerdings werden auch in manchen Fällen Werte im Grenzbereich (unterer Normalbereich) gemessen, insbesondere auch bei Deutschen Doggen, ohne das dies als pathologisch einzustufen wäre.

In einigen seltenen Fällen ist der T4-Wert bei Schilddrüsenunterfunktion nicht erniedrigt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Hund Antikörper gegen T4 besitzt (Autoimmunerkrankung). Dann sind zur Diagnostik spezielle Methoden (z.B. Antikörpernachweis) notwendig.

Allerdings wird der T4-Wert im Blut sehr häufig durch schilddrüsenunabhängige Faktoren beeinflusst. Typisch für Hunde (und Katzen) ist es, dass die T4-Werte im Blut bei Erkrankungen anderer Organe absinken, ohne dass eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Dies ist zum Beispiel bei Leber- Herz- und Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus und anderen hormonellen Störungen sowie akuten Infektionskrankheiten der Fall. Außerdem können verschiedene Medikamente den T4-Spiegel im Blut senken, hier spielen in der Praxis besonders entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente eine Rolle (Cortison, nichtsteroidale Entzündungshemmer).
Schlussfolgerung: Ein normaler Gesamt-T4-Wert zeigt in aller Regel eine normale Schilddrüsenfunktion an, ein erniedrigter Gesamt-T4 ist noch kein sicheres Kriterium für die Diagnose "Hypothyreose"!

 

fT4
(freies T4)

Hier wird lediglich das biologisch aktive T4 gemessen. Dieses gilt als weniger von Medikamenten und anderen Grundkrankheiten beeinflussbar und damit präziser. Allerdings sind nicht alle Messmethoden gleichwertig bezüglich der Präzision.

 

 T3

Die Messung von T3 im Blut spielt beim Hund keine praktische Rolle. Grund dafür ist, dass bei einer Hypothyreose vermehrt T4 in T3 umgewandelt wird, so dass der T3-Spiegel auch im Zustand der Unterfunktion oft normal bleibt, während der T4-Wert dementsprechend sinkt.

 

 cTSH
(canines TSH)

Aus dem oben beschriebenen Regulationsmechanismus der Schilddrüsenhormonabgabe ist zu schlussfolgern, dass bei niedrigen T4- und T3-Konzentrationen im Blut und Gewebe der Körper durch die Freisetzung von TSH diesen Mangel zu beheben versucht (siehe Schema Regulation). Daher müssten die TSH-Werte bei einer schilddrüsenbedingten Unterfunktion erhöht sein. Beim Menschen ist dieser Zusammenhang auch sehr deutlich, beim Hund allerdings hat sich gezeigt, dass in ca. 25% der Fälle trotz bestehender Unterfunktion keine erhöhten TSH-Spiegel gemessen werden.

Die zusammenhängende Betrachtung von T4- und TSH-Wert ist jedoch eine gute Basis für die Entscheidung, ob eine Hypothyreose vorliegt (bei niedrigem T4 und erhöhtem cTSH!), oder ob weitere diagnostische Maßnahmen notwendig sind.

 

K-Wert (FT4/Cholesterin)

Die Berechnung des K-Wertes kann in bestimmten Fällen die Diagnosestellung unterstützen. Grundlage ist die Tatsache, dass bei Hypothyreose oft durch Veränderungen im Fettstoffwechsel erhöhte Cholesterinwerte im Blut gemessen werden. Ist dies der Fall, kann man vereinfacht gesagt davon ausgehen, dass ein niedriger K-Wert (unter -4) den Verdacht auf eine Hypothyreose verstärkt.

 

Thyreoglobulin-Antikörper
(TAK, TGAA)

Thyreoglobulin ist einEiweiss im Schilddrüsengewebe, die für die Produktion der Schilddrüsenhormone notwendig ist. Thyreoglobulin-Antikörper entstehen bei einer die Schilddrüse zerstörenden Autoimmunerkrankung. Ihr Nachweis hat hauptsächlich Bedeutung für die Ursachenforschung und keinen direkten Einfluss auf das therapeutische Vorgehen bei einer Hypothyreose.

 

TSH-Stimulationstest

Bei diesem Test wird dem Hund TSH verabreicht. Dadurch wird die Schilddrüse zur Hormonfreisetzung stimuliert. Man misst den T4-Wert vor Hormongabe und 6-8 Stunden nach der  TSH-Injektion. Bei normaler Schilddrüsenfunktion kommt es zu einem deutlichen Anstieg. Dieser Test zeigt eine Hypothyreose sehr zuverlässig an, jedoch nur bei ansonsten gesunden und nicht unter Medikamenteneinfluss stehenden Hunden.

 

Mitunter kann es vorkommen, dass trotz aller hier aufgelisteten Untersuchungsmöglichkeiten keine eindeutige Diagnose erstellt werden kann. In solchen Fällen kann eine versuchsweise Medikation (Medikamente zum Ersatz der Schilddrüsenhormone) Aufschluss darüber geben, ob die Symptome des Hundes tatsächlich durch eine Hypothyreose hervorgerufen werden (sogenannte diagnostische Therapie).

Die Therapie einer Hypothyreose ist relativ einfach, da man das Schilddrüsenhormon T4 (Thyroxin) durch Tablettengabe gut ersetzen kann. Auch der hyperthyreote Hund ist dann in der Lage, dieses T4 in seinen Geweben in die aktive Form T3 umzuwandeln. Diese Medikation ist lebenslang notwendig, da ja nur die Hormone regelmäßig ersetzt werden und keine Regeneration des Schilddrüsengewebes erfolgt.

Wichtig ist natürlich eine gute Therapiekontrolle, um die optimale Dosis im Einzelfall korrekt zu wählen. In regelmäßigen Abständen sollte der T4-Wert kontrolliert werden.Durch (zusätzliche) Messung des cTSH kann man insbesondere eine zu niedrige Dosierung von Thyroxin erkennen, weil der cTSH-Wert dann kompensatorisch ansteigt.