Inzucht - Ein paar Definitionen

Formen der Inzucht:

  • Inzestzucht: Verpaarung von erst- und zweitgradig verwandten Individuen: Vater/Mutter mit Tochter/Sohn, Geschwister, Halbgeschwister, Großvater/-mutter mit Enkel/in
  • Nahe Inzucht: Verpaarung von dritt- und viertgradig verwandten Individuen: Onkel/Tante mit Nichte/Neffe, Cousin mit Cousine
  • Mittelgradige Inzucht: Verpaarung von fünft- und sechstgradig verwandten Individuen

 

Der Inzuchtkoeffizient

Wie bereits angedeutet beschreibt der Inzuchtkoeffizient (IK) die Wahrscheinlichkeit, mit der die zwei Allele eines Genes vom selben Vorfahren abstammen. Anders ausgedrückt und auf das gesamte Genom bezogen, drückt der IK den prozentualen Anteil der aufgrund der Inzucht homozygot vorliegenden Gene aus.

Der IK berechnet sich wie folgt :

IK = Summe ((1/2)n1+n2+1)

n= Zahl der Generationen zwischen dem Nachkommen und dem gemeinsamen Vorfahren väterlicherseits (n1) und mütterlicherseits (n2)

Wenn beispielsweise der gemeinsame Vorfahre sich väterlicherseits in der dritten Generation (n=2) und mütterlicherseits in der vierten Generation (n=4) befindet, lautet die Berechnung:

(1/2)(2+3+1) = 0,0156 = 1,56%

Wenn mehrere Vorfahren mehrfach vorkommen, wird diese Rechnung für jede einzelne Inzuchtrelation durchgeführt, und die Ergebnisse werden addiert.

Es handelt sich hier um eine vereinfachte Berechnung des IK, da sie nicht die Vorlast, d.h. den IK des gemeinsamen Vorfahren selber, miteinbezieht. Der reale IK liegt also außer bei einem völlig inzuchtfreien gemeinsamen Vorfahren immer noch höher als der auf diese Weise errechnete. Des weiteren macht es wenig Sinn, den IK mit den üblichen Ahnentafeln berechnen zu wollen, deren Generationstiefe nur ausreicht, um nahe Inzucht nachzuweisen. Eine sinnvolle Generationentiefe könnte bei 6 Generationen angesetzt werden.

 

Der Ahnenverlustkoeffizient

Der Ahnenverlustkoeffizient (AVK) ist eine dem IK komplementäre Methode zur Berechnung der genetischen Homogenität eines Hundes: Es handelt sich um das Verhältnis zwischen der tatsächlichen Anzahl unterschiedlicher Vorfahren und der Anzahl der theoretisch möglichen unterschiedlichen Vorfahren. Bei einer Anpaarung von Vollgeschwistern beispielsweise sind Vater und Mutter auf beiden Seiten des Stammbaums identisch: Der AVK liegt hier schon in der ersten Generation bei 50%. Der AVK hat zum einen den großen Vorteil einer sehr einfachen Handhabung und zum anderen berücksichtigt er im Gegensatz zum IK auch die ausschliesslich väter- oder mütterlichseits mehrfach vorkommende Ahnen: Der IK einer Verpaarung von zwei hochingezüchteten aber untereinander nicht verwandten Partnern liegt bei Null obwohl ein solches Outbreeding keinesfalls die komplette genetische Variabilität wieder herstellt, die bei der vorangegangen Inzucht verloren gegangen ist. Der AVK drückt diesen Verlust aus.

 

Bonus für Mathefreaks

Das zentrale Problem der Inzucht, die Erhöhung des Risikos des Auftretens von Nachkommen, die für ein Defektallel homozygot sind, also an der entsprechenden Pathologie erkranken können, lässt sich mit Hilfe einer mathematischen Formel darstellen:

p2(1-IK)+pIK = P

p = Prozentsatz der Defektallele in der Population

P = Wahrscheinlichkeit des Auftretens erkrankter Tiere

F = Inzuchtkoeffizient

Nehmen wir an, ein Defektallel liegt mit der Frequenz von 3% in einer Population vor und muss homozygot vorliegen, damit der Träger erkrankt. Dies ist der klassische Fall einer durch ein rezessives Gen vererbten Erkrankung.

Bei einer Anpaarung ohne jede Inzucht (F=0) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines erkrankten Tieres von 0,09%

0,032(1-0)+0,03x0 = 0,0009 (=0,09%)

Liegt hingegen der Inzuchtkoeffzient bei 12,5% (Verpaarung beispielsweise von Halbbruder mit Halbschwester, verfünffacht sich diese Wahrscheinlichkeit auf 0,45%:

0,032(1-0,125)+0,03x0,125 = 0,0045 (=0,45%)

Dieses Rechenexempel zeigt auf, wie immens das Risiko des Auftretens von Erkrankungen ansteigt, wenn man mit bekannten oder auch nur vermuteten Trägern von Defekten züchtet, die selber nicht erkrankt sind.