Doppel-Piebald – halb so schlimm? Betrachtungen zur Verwendung von Piebald in der Doggenzucht - Piebald und der Merkantilismus

Es gibt viele Gründe, Piebald in der Doggenzucht verwenden zu wollen…nur ist keiner davon wirklich gut.

Der wohl vertretbarste Grund ist sicherlich der, dass das Piebald-Allel ohne Frage zur Aufhellung des Farbkleides verwendet werden kann. Das Problem ist hier wie oben beschrieben, dass der mendelnde intermediäre Erbgang und die variable Ausprägung von Piebald es nicht gestatten, einen voraussehbaren und stabilen Grad an Aufhellung zu fixieren. Der Verwendung des Mantel-Gens ist hier eindeutig der Vorzug zu geben. Es sollte allerdings auch hier bedacht werden, dass die Zielsetzung der Zucht hinsichtlich der Färbung der Gefleckten eine durch das Harlekin-Allel selbst ausgeprägte ungestichelte weiße Grundfarbe sein sollte. Auch die Zucht mit Manteldoggen ist unter dem FCI-Standard, der statt eines weißen Halses eine Verteilung der Flecken über den ganzen Körper fordert, im Grunde nichts anderes als die Kosmetik einer nicht zufriedenstellenden Ausprägung des Harlekin-Gens, mit der eine stichelige Grundfarbe oder eine zu dichte Fleckung teilweise überdeckt werden kann.

Ein anderer Gesichtspunkt ist die Mode der immer weißeren Gefleckten. Wo immer diese Tendenz herstammen mag, die Amerikaner haben ihr in ihrem Standard Rechnung getragen und gleichzeitig Exzessen einen Riegel vorgeschoben, indem sie einen weißen Hals als erwünscht eingestuft, die Manteldoggen als eigene Farbe definiert und Plattenhunde von der Zucht ausgeschlossen haben. Die beispielhaften Zeichnungen des Illustrierten Standards des GDCA (http://www.gdca.org/illustrated-standard-5.html) belegen diesen Willen zur vernünftigen Begrenzung des Pigmentverlustes. Auch im Richterleitfaden für den FCI-Standard weist das Beispiele für die "sehr gut gefleckte" Dogge auf die Tendenz hin, eine weiße Brust und einen weißen Hals zu bevorzugen, obwohl dies nicht dem FCI-Standard - wohl aber dem amerikanischen - entspricht. In Zusammenhang mit der erlaubten Zuchtverwendung von überwiegend weißen Doppel-Piebalds - dies im Gegensatz zu den amerikanischen Verhältnissen - öffnet die offizielle Akzeptanz dieser Zuchtrichtung natürlich Tür und Tor für die Jagd nach den weißesten Gefleckten durch dieskrupellosesten Trendjägern unter den Züchtern…mit der Dogge im wahrsten und traurigsten Sinne des Wortes als Fashion Victim. Weißheit statt Weisheit…ein trister Standpunkt.

Schließlich kann man auch noch eine Querverbindung zu den Grautigern ziehen. Die bedauerliche Tatsache, dass in vielen Zuchtstätten das Töten der geborenen Grautigerwelpen noch eine zwar diskret, aber konsequent ausgeführte Tradition ist, hat den Grautiger zu einem Vereinspolitikum werden lassen. So gibt es Züchter, die empfehlen, nicht bei deren Kollegen zu kaufen, die Grautiger nicht aufziehen.  Dem möchte ich uneingeschränkt beipflichten, jedoch hinzufügen, das ich ebenso empfehlen würde, nicht bei Züchtern zu kaufen, die den meisten „Grautigern“ ihrer Zucht mit Hilfe des massiven Einsatzes von Doppel-Piebalds das graue Pigment fast völlig weggezüchtetund damit den angeblich respektierten Grautiger in eine Variante der modischen weißen Dogge umgestylt haben. Hier handelt es sich nicht um Tierliebe, sondern um die Kombination von zuchtethisch extrem fragwürdigen Verkaufsstrategien und vereinspolitischer Kampfpolitik, in der der Grautiger nicht mehr ist als ein Spielball, dem man nicht einmal seine namensgebende Farbe lässt.