Farbgenetik Teil 2 - Die Farbschläge und ihre Gene - Schwarz/Gefleckt

Der schwarz/gefleckte Farbschlag

…ist sozusagen die Königsdisziplin der Doggenfarbgenetik…aber mit dem bisher Gelernten sollte auch das Verständnis des Zusammenwirkens der Gene und Allele bei den Gefleckten und den Grautigern kein größeres Problem mehr darstellen. Die Grundfarbe ist hier wie im blauen Farbschlag das für ein schwarzes Fell codierende Allel KBl des „Dominant Black“-Gens:


   Genotyp und Phänotyp von Emmi
Genotyp und Phänotyp von Etzel
  Genotyp und Phänotyp von Dipta 
 

 

 Schwarze Hündin mit Abzeichen

 

Und so wie im blauen Farbschlag, erfährt die schwarze Grundfarbe eine genabhängige Modifikation. Im Falle der Geflecktzucht gibt es jedoch zwei Gene die hier eine Rolle spielen, das „Merle“-Gen und das „Harlekin“-Gen.

Das „Merle“-Gen haben wir schon in Teil 1 als Beispiel für einen intermediären Erbgang kennengelernt: Das „Merle“-Allel bewirkt eine unregelmäßige stellenweise Verdünnung der Grundfarbe, wodurch bei den heterozygoten Trägern des „Merle“-Allels, den Grautigern (zur Erinnerung: 1 Allel M, 1 Allel m), zerrissen aussehende schwarze Flecken auf grauem Grund entstehen. Bei homozygoten Trägern (zwei „Merle“-Allele), den sogenannten Doppel-Merles, findet man zerrissen aussehende graue Flecken, oft mit schwarzen Tüpfeln, auf weißem Grund. Das Risiko für Taubheit und andere Behinderungen bei diesen Doppel-Merles wird in Teil 4 besprochen.

Je nachdem, ob keine, eine oder beide Genkopien das Allel M „Merle“ tragen, sieht also der Phänotyp unterschiedlich aus: Je mehr „Merle“-Allele, desto stärker die Pigmentverdünnung. Zur Erinnerung hier noch einmal das Schema der drei verschiedene Phänotypen der drei Genotypen des „Merle“-Gens:

 

   Genotyp und Phänotyp von Calie
  Genotyp und Phänotyp von Einstein
    Genotyp und Phänotyp von Emmi

 
 

Jetzt kommt der Punkt, wo es ein klein wenig komplizierter wird als bisher: Das „Merle“-Gen modifiziert die also Grundfarbe schwarz, aber es kann selber auch modifiziert werden, und zwar vom „Harlekin“-Gen: Das „Harlekin“-Allel, wenn es heterozygot vorliegt, hellt den „Merle“-bedingten grauen Grund in einen weißen Grund auf und lässt die schwarzen Flecken unverändert. Liegt kein „Merle“-Allel vor, bleibt das „Harlekin“-Allel gänzlich ohne sichtbare Ausprägung. Wir haben es hier also erneut mit einer Epistase zu tun: Das „Harlekin“-Allel verändert die Ausprägung des „Merle“-Allel, bleibt jedoch ohne Wirkung, wenn dieses nicht vorliegt.

Eine Dogge mit zwei „Harlekin“-Allelen, also homozygot, gibt es nicht: Tiere mit diesem Genotyp sterben schon als Embryo im Mutterleib. Wir haben es also mit einem sogenannte Letalfaktor zu tun: Wenn dieses auf beiden Genkopien vorhanden ist, ist der Hund nicht lebensfähig. Dies zeigt deutlich, dass wir es hier nicht mit einfachen Farbgenen zu tun haben, sondern mit echten Defektgenen, die auch auf andere Stoffwechselvorgänge einen erheblichen funktionsstörenden Einfluss haben. Dies trifft ebenso auf das „Merle“-Gen zu. Ausführlicher werden wir auf diesen wichtigen Punkt in Teil 4 zurückkommen.

Grautiger-Hündin  

Aus den genannten Gründen der epistatischen Verbindung zwischen den Genen „Merle“ und „Harlekin“ macht es keinen Sinn, ein Schalterschema für das „Harlekin“-Gen allein darzustellen: Ein Hund, der ein „Harlekin“-Allel trägt ist in Abhängigkeit der Allele des „Merle“-Gens Schwarz, Gefleckt oder Doppel-Merle…

Die folgenden Schemata zeigen die Interaktion von „Merle“- und „Harlekin“-Gen bei Hunden mit homozygot schwarzer Grundfarbe.


I.        Genotypen zum Phänotyp „Schwarz (aus Gefleckt)“

Genotyp von Emmi

Phänotyp

 

  

 

Genotyp von Eclipse

 

  

Man erkennt auf dem Schema, dass das „Harlekin“-Allel ohne „Merle“-Allel tatsächlich keinerlei Effekt hat: Ob mit oder ohne „Harlekin“-Allel, eine Dogge ohne „Merle“-Allel hat einfach nur ein Fell in ihrer Grundfarbe, in unserem Fall natürlich schwarz.

  Kopfstudie Schwarzer Rüde

Anders wird das in Gegenwart des „Merle“-Allels:


II.      Genotyp zum Phänotyp „Grautiger“

Genotyp von Einstein

Phänotyp

 

 

 

 

Grautiger-Hündin


Eine schwarze Dogge mit einem „Merle“-Allel, aber ohne „Harlekin“-Allel ist ein Grautiger…

 

 III.    Genotyp zum Phänotyp „Gefleckter“

Genotyp von Bélouga
Phänotyp


 

 


 

 

Gefleckte Hündin

…und eine schwarze Dogge mit einem „Merle“-Allel UND einem „Harlekin“-Allel ist ein Gefleckter. Wie an dem Schema gut zu erkennen ist, handelt es sich beim echten Gefleckten immer um einen „Doppelt-Heterozygoten“: Er ist sowohl für das Gen „Merle“ als auch für das Gen „Harlekin“ heterozygot. Wir werden noch sehen, dass es insbesondere einen anderen Genotypen gibt, der einen Gefleckten mehr oder weniger gut simulieren kann, aber weder genetisch ein Gefleckter ist noch sich in Kreuzungen wie ein solcher verhält.

 

  1. IV.   Genotypen zum Phänotyp „Weißtiger“

…der selten wirklich völlig reinweiß ist. Es ist vom genetischen Standpunkt aus am sinnvollsten, in dieser Gruppe die oben erwähnten Doppel-Merle zusammenzufassen: Es sind Hunde die bedingt durch das Vorliegen von zwei verdünnenden „Merle“-Allelen stets einen hohen Anteil Weiß aufweisen, aber genetisch keine Gefleckten sind.


   Genotyp und Phänotyp von Calie

 

 

   Genotyp und Phänotyp von Hannibal


 

 

 

 

Wir sehen bei Hannibal, dass ein homozygoter „Merle“-Allelträger, der zusätzlich ein „Harlekin“-Allel besitzt, einen echten Gefleckten, der genetisch wie gesagt ein heterozygoter „Merle“- und „Harlekin“-Allelträger ist, unter Umständen relativ gut simulieren kann : Auch ein Hund wie Hannibal wird zerrissene schwarze Flecken aufweisen, allerdings in aller Regel nur sehr wenige, kleine Flecken; das Weiß dominiert meist sehr stark. Es sei allerdings hier schon vorausgeschickt, dass diese Weiß-Dominanz auch bei einem echten Gefleckten über andere Gene wie beispielsweise Piebald erzeugt werden kann. Dazu kommen wir später im (geplanten) Teil über die Abzeichen.

 

Calie ist ebenso wie Hannibal ein Doppel-Merle, aber ihr fehlt das „Harlekin“-Allel: Ihre Flecken werden typischerweise das Grau der Grautiger aufweisen und in sich nochmals schwarz getüpfelt sein. Eine Dogge wie sie ist von daher meist einfacher rein phänotypisch von einem echten Gefleckten abzugrenzen.

 

Typische, aber eben nicht absolut eindeutige Merkmale von Doppel-Merles, ob mit oder ohne „Harlekin“-Allel sind fleischfarbene Nasen und blaue Augen. Diese können einerseits auch bei echten Gefleckten vorkommen, andererseits auch bei Doppel-Merles fehlen: Es sind Hinweise, aber keine Beweise.

Doppel-Merle gehören nicht zu den im Standard vorgesehenen Farben in der Geflecktzucht, sie sind aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen, da der Standard keine genetische Definition des Gefleckten gibt, sondern hier lediglich weiße oder taube Doggen als mit zuchtausschließendes Fehlern behaftet gelten. Das Richterhandbuch präzisiert, dass eine Dogge mindestens 5 schwarze Flecken, davon einen am Kopf, haben muss, um als Gefleckter zu gelten. Im deutschen Zuchtwesen ist die Unterscheidung zwischen echtem Gefleckten und Doppel-Merle im Prinzip nicht von Belang, da in dessen Rahmen keine Doppel-Merle geboren werden können, denn hierzu ist die in Deutschland untersagte Verpaarung zweier heterozygoter „Merle“-Allelträger notwendig, also die Kreuzung von zwei gefleckten Doggen.

  Nur ein Gentest vermag Gewissheit verschaffen, aber es ist wahrscheinlich, dass diese Dogge ein Doppel-Merle ist

Diese Thematik wird ausführlich im 4. Teil über die Kreuzungen behandelt…und dazu sollten wir uns erst einmal wieder mit dem Wissen über die Bildung der Keimzellen, Spermium und Eizelle, vertraut machen.